Inverness

Unsere Reise ging am 27.7. weiter in Richtung Inverness. Die Zugfahrt durch schier endlose Weiten und die pure Natur nahm praktisch kein Ende. So wie hier hatte ich mir Schottland immer vorgestellt: Menschenleer, grün und völlig unberührt. Wie sich später in unserem Urlaub noch zeigen sollte, war dies erst der Vorgeschmack.

Angekommen in Inverness wurden wir von gälischen Schildern in einer schon quirligeren Metropole erschlagen. Nach einer kurzen Orientierung von 30 Minuten wanderten wir vorbei am ehemaligen Gericht der Stadt (dem heutigen Inverness Castle) in Richtung Hotel.

Nachdem wir dort angekommen waren hielten wir beide uns nur die Köpfe und befürchteten bei der Fassade nur das Schlimmste. Ein relativ altes, schmuddeliges Haus sollte unser hochgepriesenes viktorianisches Hotel sein? Nun gut.

Wir durchschritten die Eingangstür und fanden uns in einem unglaublich gepflegten Haus wieder. Frei nach dem Motto: Außen pfui - innen hui. Das Hotel war bis in die kleinsten Winkel hinein akkurat Dekoriert und Verziert. Kitsch, hier hast du dein zu Hause. Die warmherzigen Besitzer zeigten uns unser Zimmer und wir machten es uns erst einmal bequem - zumindest für eine gute Stunde. Danach waren wir schon wieder unterwegs, um die Stadt ein wenig zu erkunden.

Nach dem Pflichtbesuch des Inverness Castles machten wir uns auf die Suche nach einer Einkaufsmöglichkeit. Wir strandeten an einem "hier nur Tiefgefrorenes" Shop (im Nachhinein stellten wir fest, dass wir nur eine Straße weiter hätten laufen müssen, um auf unser geliebtes Morrisons bzw. Tesco zu treffen). Mit dem Nötigsten versorgt ging es zum Abendbrot zu Jimmy Chung. Ein chinesisches Buffet für 10 Pfund ist bei den sonst gepfefferten Preisen in Schottland Grund genug gewesen, um eine Magenerweiterung und beinahe Erbrechen in Kauf zu nehmen. Während wir uns den Wanst vollschlugen, wanderte eine Dudelsackparade die Hauptstraße entlang - nicht schon wieder! Immer hatten wir dieses Glück, sowas knapp zu verpassen. Zum Glück kamen die feschen Jungs und Mädels in der Woche in der wir in der Stadt waren täglich vorbei - es waren die Inverness Highland Games.

Am nächsten Morgen wurden wir vom Ehemann der Hotelbesitzerin mit den freundlichen Worten "Good morning. Are you the 8 o'clock guys?" in Empfang genommen. Jepp, die waren wir - denn es ging frühzeitig in Richtung Loch Ness an diesem wundervollen Dienstag.

Mein Hase hatte sich schon in Berlin auf das leckere Porridge gefreut. Zu dumm nur, dass dieses "Teller voll Rotz" gesalzen war und somit an eingekochte Mondamin-Soßenbinder-Paste erinnerte. *bääh* Mein typisch englisches Frühstück mit baked beans, sausage und toasted bread war hingegen ein wahres Gedicht. Unglaublich lecker das Zeug! Wenn das Auge mit isst, schon recht merkwürdig anzusehen - aber lecker.

Auf unserem Weg in Richtung Busbahnhof, stockten wir unsere Tabakreserven auf. Der Tabak war hier nur unwesentlich teurer als in Deutschland. Drei Pfund pro Päckchen Drehtabak. Ach Mist. War ja nur die kleine Packung :-P Das Zeug ist hier in etwa drei bis viermal so teuer! Ein Grund mehr, weniger zu paffen.

Der lustige Busfahrer kippte uns mit einem schälmischen Sprüchen a la "Looking for the monster? Trust me, it's actually in there!" in Drumnadrochit zusammen mit der Hälfte der Fahrgäste aus dem Bus. Drumnadrochit. Ein kleines Kuhkaff, dass nur durch zwei Dinge wirklich bekannt geworden ist: Urquahard Castle und das mit einem Michelin Stern ausgezeichnete Pub, in dem wir uns später noch ein Ale genehmigten. Aber zunächst stand etwas völlig neues auf dem Plan: Wandern ;-)

Nach gefühlten 10 Kilometern erreichten wir endlich das Schloss. Vor einigen Jahren wurde hier eine Dokumentation über die zerstörerische Kraft antiker Trebuchets gedreht und die antike Schleuderwaffe stand noch immer vor dem Schloss. Urquahard Castle war einst das größte Bollwerk Schottlands. Strategisch perfekt gelegen am Loch Ness führte kein Weg an ihm vorbei. Im Laufe der Generationen wurde es Opfer mehrerer Belagerungen und der Zeit, so dass heute nicht viel mehr als eine Mauer und der Bergfried übrig geblieben sind.

Nach unserem Abstecher zum Schloss machten wir uns auf den Rückweg und bogen an der Brücke nach Borlum in den Wald ab. Unser Ziel: Die Divach Falls. Bei unserer Wanderung lernten wir: Entfernungen auf Straßenschildern geben immer die Luftlinie an. Die 1 1/2 Meilen Distanz zogen sich über etliche Stunden und circa 500 Höhenmeter um die Berge. Der Weg lohnte sich alle Male. Mitten in der puren Natur stießen wir auf ein malerisches Paradies nebst Wasserfall. Dank dem Wanderer, der kurz nach uns eintraf, konnten wir beide noch ein Foto von uns zweien vor dieser Kulisse ergattern. Schade für das andere deutsche Pärchen, das fünf Minuten vor dem Ziel die Wanderung aufgab und sich so den Ausblick entgehen ließ.

Nach einer Pause von rund einer halben Stunde ging es dann wieder zurück nach Drumnadrochit und nach ‘nem leckeren Ale ab ins Hotel in Inverness.

Am Mittwoch stand recht wenig auf dem Programm. Zum einen haben wir unsere Blasen und Schwielen an den Füßen verarztet, zum anderen ging es um 13 Uhr ab nach Tomatin! Im Besucherzentrum angekommen wurden wir von einem der Manager der Tomatin Destillerie und der guten Gill vom CRM begrüßt und nach einem kurzen Informationsfilm durch die Destillerie geführt. Man muss hier Douglas Campbell eines lassen: Er hat sich unglaubliche Mühe mit uns beiden gegeben. Lieber erklärte er etwas "zu" einfach und mehrfach, als dass wir etwas nicht verstanden haben. Thank you very much, Douglas!

Nach der Tour folgte die obligatorische Verköstigung der leckeren Single Malt Whiskys. Als bislang Unerfahrene war es für uns beide natürlich eine besondere Gelegenheit mal etwas Besonderes als den hier an jeder Tankstelle erhältlichen Blended-Müll anzutun. Das Spektrum der Destillerie reicht von 12 Jahre altem über 18, 25 bis 40 Jahre alten Single Malt. Im Vergleich zu einem Blended fielen diese Single Malt Varianten angenehm mild und ohne den typischen Holzgeschmack im Abgang auf. Aromen von Zitrone, Schokolade, Honig und Lebkuchen waren bei allen "Altersklassen" in verschiedenen Ausprägungen vertreten. Schon wenige Jahre Reifung machen einen gewaltigen Unterschied in Farbe, Aroma und Abgang aus! Mit ‘nem guten Ding in der Krone ging es nach einigen Stunden Aufenthalt wieder zurück ins Hotel. Shlàinte!

Der folgende Tag war ganz für die Dinge reserviert, die man nun mal in jedem Urlaub hinter sich bringen muss: Souvenirs kaufen. Zudem haben wir die Dudelsackparade, die wir vor einigen Tagen vom Chinesen aus gesehen hatten, einige Minuten lang begleitet.